1967
begann ich eine Ausbildung als Restaurantfachmann (damals noch
schlicht "Kellnerlehre"), im Hotel Excelsior in Köln.
Im
Laufe der Ausbildung war auch ein Abteilungswechsel vom
Restaurant- zum Zimmerservice vorgesehen. Dort traf ich auf einen
japanischen
Kollegen, welcher mich fortan unter seine Fittiche nahm. Gegen
Ende meiner Ausbildung 1970, verabschiedete sich mein japanischer
"Ziehvater", der mittlerweile eine deutsche Frau
geehelicht hatte (Renate), wieder Richtung Heimat Japan, Tokio!
Inzwischen waren wir Freunde geworden und der Abschied fiel
dementsprechend sehr emotional aus. Wir tauschten Adressen aus,
mit dem Versprechen uns zu schreiben und den Kontakt zu erhalten.
Und wie das so ist im Leben, im Laufe der Zeit schlief der Kontakt
ein! Seine
Adresse landete in meiner "Schatzkassette" und somit für
die nächsten Jahre in Vergessenheit.
Nach
meiner Ausbildung, (siehe auch
Geschichte:wie ich zur Deutschen Atlantik Linie kam,) hängte
ich ja noch eine zweijährige Ausbildung zum Koch hintendran, um
der Bundeswehr zu entgehen, um dann 1972 bei der DAL anzuheuern.
Während
der Werftzeit im Dezember 1971 (06.12. - 27.12.1971) fuhr ich nach
Hause, nach Köln!
Am
27.12. zurück an Bord realisierte ich erst, dass im Lauf
der folge Reisen auch die Gr. Südsee - Ostasienkreuzfahrt vom
09.04.1972 - 08.06.1972 anstand. Ein Hafen dabei war Yokohama. Natürlich
war unter den Crew-Mitgliedern diese Reise Tagesgespräch! Was für
ein Erlebnis, gerade zu dieser Zeit, als junger Mensch auf der
anderen Seite der Erdkugel die Länder Asiens zu bereisen! Es
wurden im Vorfeld Pläne geschmiedet, was man wo unternehmen könnte.
Unter anderem wurde dabei auch Tokio genannt. "Wo bitte schön
steht auf der Sailingliste Tokio?" "Du Schaf", klärte
man mich auf, "Tokio ist gerade mal ca. 30 km von Yokohama
entfernt und wir liegen vom 24.05. - 27.05. in Yokohama! Zeit also
für einen Ausflug nach Tokio! Bist du dabei?" Schlagartig
fiel mir meine Schatzkassette wieder ein mit den ganzen Adresskärtchen,
unter anderem die mit der Adresse meines Ex- japanischen Kollegen
in Tokio! Ein Plan reifte in meinem Kopf. Aber wie sollte
ich jetzt von hier aus an die Adresse kommen? Telegrafieren! War
die Lösung meiner vorüber gehenden Ratlosigkeit! Gedacht, getan!
Telegramm nach Hause, meine Schwester wusste wo meine Kassette
versteckt war, hatte sie ja mal beim rumschnüffeln erwischt! Sie
sollte mir die Adresse raussuchen und dann über die Postliste
nach Bangkok schicken. Gespannt wartete ich die Ankunft in Bangkok
ab und tatsächlich, meine Schwester hatte die Adresse gefunden
und sie postalisch übermittelt. Das war am 11.05.!
Am
20.05. erreichten wir Kobe/Japan. Was für ein Kulturschock, ein
kleiner Vorgeschmack was uns in Yokohama und Tokio erwarten würde.
Die erste Erfahrung in Japan war, dass man hier mit Englisch nicht
weit kam. Entweder man wurde ignoriert oder man Sprach kein
Englisch! Doch dann, als man sich auf Deutsch fluchend abwandte,
kam eine Stimme, stark akzentuiert, auf Deutsch: "Kann ich
vielleicht helfen?" Das hat mich damals stark beeindruckt:
kein Englisch, aber Deutsch wurde vereinzelt gesprochen!
Wir,
drei junge Stewards und ein Storekeeper (die Namen weiß ich
leider nicht mehr) starteten dann am 25.05., einen Tag nach
Ankunft in Yokohama, nach Tokio, wir hatten alle bis zum 26.05. -
24 Uhr Landgang! Wo bitte schön gibt es das heute noch?
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Tage Landgang? In Bangkok waren es gar 3 Tage! Aber das ist eine
andere Geschichte!
In
Tokio war es gar nicht so leicht sich in dieser Metropole (damals
schon über 10 Millionen Einwohner, 23 Bezirke) zu orientieren.
Ein Wahrzeichen war der Tokio Tower (Eröffnung 23. Dez. 1958) mit
Restaurant, Aussichtsplattform und Fernsehturm), als
Orientierungspunkt nicht zu übersehen, bei einer Höhe von 332,6
m. Dem Eifelturm in Paris nach empfunden, allerdings 6 m höher!!!!
Hier trennten wir uns um 10 Uhr, um uns um 21 Uhr wieder hier zu
treffen!
Ich
machte mich, mit der Tokio-Adresse meines Ex-Kollegen in der Hand
auf die Suche nach einem Taxi.
Am
Fusse des Turms stand tatsächlich eins. Ich ging hin, der Fahrer
saß im Wagen, ich hielt den Zettel mit der Adresse an die Scheibe
und fragte auf Englisch (was für ein fataler Fehler!) ob er mich
dorthin fahren könne. Der Fahrer schaute kurz auf und ohne
jedwede Reaktion wieder in seine Zeitung. Wieder einen (deutschen)
Fluch ausstoßend, schaute ich mich um ob noch ein anderes Taxi
vorhanden war. Nichts! Nur ein älterer Herr stand etwas abseits
und schien sich über mein Bemühen den Taxifahrer dazu bewegen
mich zu befördern, zu belustigen! Langsam kam er näher,
betrachtete mich von oben bis unten, verneigte sich, ziemlich tief
wie ich fand, und sagte auf Englisch: "German?"
"Ja" stotterte ich auf Deutsch und verneigte mich
instinktiv auch und blickte ihn an. Er deutete auf den Taxifahrer
und meinte, in sehr gutem Deutsch: "Er hält dich für einen
Yankee! Lass mich mal machen!" Er ging zur Fahrertür, der
Fahrer faltete die Zeitung zusammen und sprang aus dem Wagen und
riss die hintere Tür auf um seinen vermeintlichen Fahrgast
einsteigen zu lassen. Dieser schüttelte nur den Kopf und zeigte
auf mich. Dann sprach er einige Sätze mit ihm und zeigte wieder
auf mich. Ich konnte beobachten, wie zu Beginn der Unterhaltung,
der Fahrer ein ziemlich böses Gesicht machte, aber mit
zunehmender Dauer des Gesprächs sich sein Gesicht merklich
aufhellte bis schließlich ein breites Grinsen sein Gesicht zierte
und er mit einer Einladenden Geste auf die immer noch
offenstehende hintere Taxitür zu weisen.
Der
ältere Herr kam zu mir, nahm mir den Zettel mit der Adresse aus
der Hand und schob mich auf den hinteren Sitz. Er gab dem Fahrer
den Zettel und fragte ihn augenscheinlich ob er wisse wo er hin
soll. Beflissentlich nickte der Fahrer, gab Gas und fuhr dem,
gerade noch zurück springendem, alten Herren beinahe über die Füße.
Der Lachte nur und winkte uns hinterher.
Um
kurz vor 12 Uhr hielt er an und zeigte auf ein Gebäude vor uns
und deute an ich solle nun aussteigen. Ich griff nach meinem
Portmonai, nachdem ich ausgestiegen war, um ihn zu bezahlen, als
er schon wieder mit viel Gas davon fuhr:
Da
stand ich nun. Gott sei Dank hatte der eilige Taxifahrer mir
vorher noch meinen Zettel wiedergegeben.
Zu
meinem Erstaunen sah ich jetzt, dass unter meiner Schrift, auch
ein paar japanische Zeichen standen. Musste der ältere Herr
darauf geschrieben haben. OK, weiter. Ich lief auf das Gebäude zu
und erblickte eine Klingeltafel. Gott sei gedankt nun war es
einfach den Ex-Kollegen zu finden, dachte ich! Die Klingelschilder
waren japanisch beschriftet!!!!
Ein
kleiner japanischer Junge (ca. 8 Jahre alt) schaute mich von unten
an, wie ich ziemlich verständnislos auf die Klingeltafel starrte.
Vorsichtig
zupfte er an meiner Jacke und zeigte auf meinen Zettel, den ich
immer noch in der Hand hielt.
Ich
hielt ihm den Zettel hin, jetzt blickte er auch ratlos zu mir und
dann zur Klingeltafel. Ah, ich verstand, von da unten konnte er
die Klingeltafelnamen auch nicht ablesen, also hob ich ihn hoch,
er hielt den Zettel vor seine Augen und fuhr mit seinen kleinen
Fingern Namensschild um Namensschild nach, bis er plötzlich
innehielt, mich anlächelte und mit dem Finger auf einem Schild
verharrte.
Er
sagte etwas, was ich natürlich nicht verstand, aber sein Lächeln
sagte mir das er fündig geworden ist. Ich ließ ihn wieder
herunter, worauf er, genau wie der Taxifahrer, behende verschwand.
Beherzt
drückte ich auf die Klingel. Eine weibliche Stimme fragte etwas
auf japanisch, was ich wieder nicht verstehen konnte, und so sagte
ich einfach nur "Renate?" "Hä?" Dann auf
Deutsch: "Wer ist denn da?" "Uwe aus Köln!"
Antworte Ich. "Moment mal!"
Nach
einer gefühlten Ewigkeit höre ich ein feines Getrappel hinter
der verschlossenen Tür, die sich auch gleich darauf öffnet.
Da
stand sie nun: Renate, in einem feinen Kimono gewickelt und mich
ungläubig anstarrend! "Nein, das glaube ich jetzt nicht! Da
wird sich aber gleich jemand freuen!" Es war reiner Zufall,
erfuhr ich von den Beiden, dass sie überhaupt zu Hause waren.
Ob
ich überhaupt wüsste was für ein Glück ich gehabt hätte, sie
anzutreffen, nachdem ich die ganze Geschichte meiner Fahrt erzählt
hatte. Ito, so hieß mein Kollege von damals, sagte zu seiner Frau
etwas auf japanisch, was ich natür... ? Ja ich weiß ich
wiederhole mich. Also, sie nickte mir nur zu und lächelte. Ito
sagte nur:" Wir zwei gehen jetzt in meinen Club. In Tokio
gibt es zweierlei Clubs, einen für Touristen und einen für
japanische Privatleute, erklärte er mir.
Aber
das ist wieder eine andere Geschichte; -))
Fazit:
Überraschung gelungen, viel gelernt, Dank Ito, er hat die ganze
Truppe auch zurück nach Yokohama gefahren, wo wir nach etlichem
hin und her noch eine kleine "Shipsighting-tour" machen
konnten. Er hat mir später mal geschrieben, dass er nie geglaubt
hätte das wir uns nach KÖLLE noch jemals wiedersehen würden.
Ich habe ihm dann geantwortet: "Man sieht sich im Leben immer
Zwei, drei, viermal.........."