Zur zusätzlichen Sicherheit wird auf jeder Seite ein sehr viel schmalerer und kürzerer Stützschlitten angeordnet, der jedes Risiko ausschließt. Nach den bisher vorliegenden
Erfahr- ungen ist auf unserer Werft noch, keiner dieser Stützschlitten jemals zum Tragen gekommen. Die Frage liegt nahe, ob nicht ein dicker Schlitten und
zwei Hilfsschlitten ebensoviel Arbeit machen wie zwei übliche Ablaufbahnen, und worin denn der Gewinn liegt. Der Vorteil zeigt sich bei der Aufgabe, das Schiff abzustützen.
Schiffe mit einem -sehr scharfen Vorschiff, insbesondere, wenn sie mit einem weit vorspringenden Bugwulst ausgestattet sind, benötigen, wenn sie auf zwei
Bahnen ablaufen, außerordentlich aufwendige Stütz- vorrichtungen, um das sich im Moment des Aufschwimmens in diesem Punkt konzentrierende Restgewicht des Schiffes
aufzufangen. Bei sehr völligen Schiffen mit normalem Vorsteven ist das kein Problem. Doch bei Schiffen wie der „Hamburg" kann man solche Stützkonstruktion nur schwer
weit genug nach vorn bauen, ohne dass das Schiff Gefahr läuft, sich an der Helgenkante die Nase zu stoßen in dem Moment, da das Schiff freischwimmt.
Das Schiff entwickelt auf der gutgeschmierten Bahn bei der relativ starken Neigung die beachtliche Geschwindigkeit von 8-9 Metern pro Sekunde, also etwa 30 Stundenkilometer.
Diese Geschwindigkeit des insgesamt 10 3501 wiegenden Kolosses (etwa 7000 t Stahlgewicht und 3350 t Einbauten plus Ballast)
muss innerhalb einer Ablauflänge von nur 500 m, also der zweieinhalbfachen Schiffslänge, auf Null gebracht werden. Ein verhältnismäßig kurzer Bremsweg für eine solche Masse, die, wenn man sie in
freiem Wasser ungehemmt auslaufen ließe, über zwei Seemeilen weit schwimmen würde! Diese gewaltige kinetische Energie zu vernichten, gibt es verschiedene Wege.
Früher wurden mit Vorliebe schon während des Ablaufs dicke Kettenbündel auf der Hellingsohle mitgeschleift, damit das Schiff gar nicht erst zuviel Fahrt aufnahm, und bei
schlechtem Ankergrund macht man es sicher auch heute noch so. Auf unserer Werft ist es üblich, eine Reihe von Ankern zu werfen. Je fünf 6 Tonnen schwere Anker hängen
an Steuerbord und Backbord über die ganze Schiffslänge verteilt, die man
nach- einander fallen lässt, sobald diese Punkte jeweils eine
fest- gelegte Fluchtlinie passieren. Der Schlick des Elbgrundes hält die Anker nicht ruckartig fest, wie es etwa der felsige
Meeres- grund vor der Küste Norwegens tun würde, sondern bewirkt ein außerordentlich
weiches Abstoppen; so weich, dass man sich nicht allein darauf verlassen will und deshalb
zusätzlich
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durch elf „Bremsschilder" unter dem Schiffsboden und ein etwa
35 Quadratmeter großes Bremsschott am Heck durch Verwirbeln der Strömung einen zusätzlichen Bremseffekt zu erzielen trachtet. An einem kristallklaren Morgen mit frischer Februarbrise
fand das festliche Ereignis statt. Es ist wirklich ein Ereignis zu nennen, wenn zum erstenmal seit drei Jahrzehnten wieder ein deutsches Fahrgastschiff dieser Größe auf einer
deutschen Werft vom Stapel läuft das konnte durch nichts besser zum Ausdruck kommen, als durch die Bereitschaft der Gattin des Bundeskanzlers, Frau Marie-Luise Kiesinger,
das Schiff zu taufen. Dr. Voltz begrüßte im Namen der Howaldtswerke Deutsche Werft AG die Taufpatin, den Bundeskanzler und alle Ehrengäste, nicht zuletzt die 238 Gesellschafter, die größtenteils
mit ihren Ehepartnern erschienen waren und sich nun zum ersten Mal selbst von den Fortschritten überzeugen konnten, die „ihr Schiff" inzwischen gemacht hat.
Dr. Voltz würdigte das Werk als das Resultat einer enormen Team-Arbeit, die es zuwege brachte,
dass der Terminplan voll eingehalten worden sei. „Wir alle von der Werft
haben mit Kopf, Herz und Hand unter vollem Einsatz der Arbeitskraft mitgewirkt . . .", und wirklich war das Gelingen nur unter dieser Voraussetzung möglich.
Der Reeder Axel Bitsch-Christensen fasste in seiner Begrüßungsansprache die Entstehungsprobleme des Schiffes sowie Ziel und Aufgabenstellung zusammen. Er sagte:
„Unsere Gesellschaft, die Deutsche Atlantik Linie, wurde am 1. Dezember 1965 von 238 Privatpersonen aus der ganzen Bundesrepublik gegründet. Dieser Kreis erklärte sich
bereit, 30 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um der deutschen
Passagierschifffahrt zu einem neuen Schiff zu verhelfen. Die Finanzierung zu einem Zeitpunkt, in dem
das Geld in der Bundesrepublik sehr knapp war, war denkbar schwierig und ich glaube,
dass in den darauf folgenden Monaten viele an der Verwirklichung des Projektes
gezweifelt haben. Niemand, auch nicht die Initiatoren, konnten damals wissen,
dass in 1967 sogar ein weiteres neues Passagierschiff, die „Hanseatic", angeschafft werden
konnte. Die Verwirklichung beider Objekte ist jedoch nur durch die großzügige Unterstützung der Bundesregierung und der Freien und Hansestadt Hamburg möglich gewesen.
Hinzu kommt die Beschaffung von weiteren 22 Millionen D-Mark Privatkapital. Die Bundesregierung hat ein zinsgünstigstes Darlehen von 20 Millionen DM für diesen |